KLOCKER MUSEUM

ARTIST TALK

KLOCKER MUSEUM

Art Box feat. Amanda Burzić

Die Künstlerin im Gespräch mit Lena Ganahl (Direktorin des Klocker Museums)

Mit ihrer Ausstellung „Can you hold this for me but hold it tight“ verwandelt Amanda Burzić die Art Box des Klocker Museums in einen überbordenden Innenraum voller Intimität, Erinnerung und Materialität. Der Titel der Ausstellung ist ebenso zärtlich wie dringlich – ein Appell an Verlässlichkeit, Nähe und Kontrolle, der auch das zentrale Spannungsfeld ihrer künstlerischen Praxis beschreibt: das Festhalten an Dingen und Bedeutungen, das Loslassen von Funktion und Vorschrift.

Burzić ist Sammlerin. Doch was sie archiviert, ist keine museal abgeschlossene Vergangenheit, sondern ein lebendiges Archiv von Popkultur, Fankultur und persönlicher Biografie. Ihre Leidenschaft für Ultras, Cosplayer:innen und Fanartikel schlägt sich in einer obsessiven Ästhetik des Anhäufens und Ordnens nieder. Sticker, Zeitschriften, Textilblumen, Schlüsselanhänger, Spielzeugfiguren und Comics – vieles stammt aus ihrer Kindheit und Jugend, anderes findet sie auf Flohmärkten oder Conventions. Die Materialien sind dabei nicht bloß Repräsentanten kultureller Phänomene, sondern Speicher kollektiver wie individueller Emotionen.

In der Art Box hat Burzić einen begehbaren Bildraum geschaffen, der gleichermaßen Installation, Wohnraum, Archiv und Collage ist. Teppichboden, Tisch, Stuhl, Lampe – vertraute Elemente des Privaten – werden durch die dichte Oberflächenbehandlung mit Bildmaterial und das finale Versiegeln mit Epoxidharz in eine ambivalente Zone überführt: Die Möbel sind visuell übercodiert, verlieren ihre Gebrauchsfunktion, werden zu skulpturalen Objekten. Die glänzende Harzschicht konserviert die darauf applizierten Fragmente, macht sie greifbar – und zugleich unnahbar. Was vorher weich, bunt, nostalgisch war, wird nun hart, scharf, beinahe abweisend.

Diese Transformation betrifft nicht nur die Materialität, sondern auch das Bildverständnis. Burzićs Flächen funktionieren als visuelle Erzählungen, aber sie verweigern klare Lesbarkeit. Ihre Collagen oszillieren zwischen Narration und Abstraktion. Sie nutzt regelmäßige Raster – wie etwa bei der Wandinstallation aus herzförmigen Schlüsselanhängern – um Ordnung zu suggerieren, doch gerade die Individualität jedes Elements stört diese Struktur. Wie visuelle Hieroglyphen entfalten sie eine Bildsprache, die keine Übersetzung kennt, sondern intuititv gelesen werden muss.

Der künstlerische Prozess bleibt in Burzićs Arbeiten stets sichtbar. Die Collage als Technik wird nicht geglättet oder perfektioniert, sondern betont das Zusammensetzen, das Überlagern, das intuitive Fügen. Ihre Werke tragen Spuren der Zeit, der Hand und der Entscheidung. Das Fragmentarische wird zur Stärke: Was aus verschiedenen Jahrzehnten stammt, fügt sich zu einem Bild, das sich der linearen Lesart entzieht und stattdessen zur aktiven Rezeption auffordert. Burzić fordert von ihren Betrachter:innen, was auch der Titel verlangt: ein genaues Hinsehen, ein behutsames Halten, ein emotionales Mittragen.


www.klockermuseum.at

Foto © Dominik Galleya